Bildung Präsenzunterricht ist nicht möglich? Egal: Das Kollegium der Grundschule
Offenhausen produziert nun eben Erklärfilme für die Kinder. Von Sonja Fiedler
Sie heißen „Malifant“, „Experiment Filzstift“ oder „Elfchen“: Die Lehrer der Grundschule Offenhausen haben in den vergangenen Wochen im Homeoffice rund 70 Erklärvideos gedreht und auf die Schulseite gestellt. So reagiert das Kollegium mit der Rektorin Stephanie Klippstein auf den pandemiebedingten Unterrichtsausfall. „Die Schulschließung stellt uns vor neue Herausforderungen und verlangt digitale Konzepte“, sagt die federführende Konrektorin Nina Müller.
Die junge Lehrerin hatte bereits vor der Corona-Krise mit ihrer Klasse das Projekt „Kinder erklären Kindern“ gestartet. Mit den Tablets, die das Unternehmen SIG gesponert hatte (siehe Info-Kasten), produzierten die Schüler kurze Filme. Das habe gleich einen doppelten Nutzen, sagt Müller: „Zum einen erweiterten die Kinder ihre Medienkompetenz, zum anderen setzten sie sich beim genauen Erklären noch einmal vertieft mit den Lernbereichen auseinander.“ Die gefilmten Ergebnisse stellten also eine sinnvolle Übungsmöglichkeit für die Schüler dar, sie sind leicht verfügbar und können immer wieder angeschaut werden. Sie ermöglichen zum anderen interessierten Eltern einen Einblick ins Unterrichtsgeschehen und unterstützen das Lernen zuhause – „und zwar nicht irgendwie, sondern didaktisch korrekt und in gutem Deutsch“. Einzelne Videos wurden „mit Hilfe von Sprachtalenten in der Schulgemeinschaft“ sogar in andere Sprachen übersetzt. So gibt es das Thema „Zahlenmauern“ auf Englisch und Italienisch. „Ziel ist es, auf diesem Weg einen Beitrag zur Chancengleichheit zu leisten“, sagt Müller. Die im Normalbetrieb gemachten Erfahrungen hat sie nun in der Zeit der Schulschließung – währenddessen ja im Unterricht keine Videos gedreht werden können – ans Kollegium weitergegeben. Mit Erfolg: Woche für Woche werden 20 bis 30 neue Erklärfilme auf die Homepage der Schule hochgeladen. Und zwar allesamt selbstentwickelt und „handgemacht“. Denn für Grundschulen gibt es laut Müller bislang kaum Vorlagen und Beispiele, erst für höhere Klassen seien Filme zuhauf im Netz abrufbar. Die Lehrer entwickeln also zunächst aus ihren geplanten Unterrichtsstunden ein „Storyboard“, um die Lehrplaninhalte anschaulich zu vermitteln. „Da das Skript und das Material von unseren Lehrern ausgearbeitet wird, sind die Videos passgenau für Altersstufe, Klientel und Lehrplanbezug“, sagt die Projektleiterin. Für die Umsetzung stehen die zehn gespendeten Schülertablets zur Verfügung, zusätzlich werden private Geräte eingesetzt.
Die Clips dauern ungefähr fünf Minuten im Schnitt. Einige Videos, die zum Mitmachen, Nachmachen oder Experimentieren einladen, sind auch länger, bis zu 15 Minuten. Die Videos sind mittlerweile fest ins Homeschooling-Konzept eingebunden. Die Kinder bekommen von den Klassenlehrerinnen genau gesagt, wann sie sich welche Inhalte anschauen sollen. Positiver Nebeneffekt: „Es schaft auch ein Stück Normalität, mal wieder die gewohnte Stimme der Lehrerin zu hören.“ Bislang komme die anschauliche digitale Unterrichtsform gut an, sagt die Pädagogin: „Wir erhalten durchwegs positive Rückmeldungen.“ Besonders Mütter und Väter seien dankbar für die Unterstützung: „Denn Eltern können, auch wenn sie sich große Mühe geben und wir hier gerne ein Dankeschön loswerden wollen, natürlich nicht den Schulunterricht ersetzen.“
Einsatz für die neuen Geräte: Die rund 20 Lehrerinnen der Grundschule Offenhausen erstellen die Videos mit dem Schnittprogramm iMovie. Zum Einsatz kommen dabei zum einen die gesponserten Schüler-iPads wie auch Geräte anderer Hersteller.
Spende: Im Juni 2019 hat die Neu-Ulmer IT-Firma SIG der Grundschule Offenhausen einen Klassensatz an Tablets gespendet. Dazu gab es einen Rollkoffer sowie weitere Technik und Schulungen im Wert von rund 10000 Euro. Die Offenhausener Schule gilt dadurch als erste Grundschule im Stadtgebiet mit einer derartigen Ausrüstung.
Link: Die Erklärvideos sind über die neugestaltete Schulseite abrufbar: www.gsoffenhausen.schule.neu-ulm.de.